Der Staat im Staat – Vive la France

“Mon français non marche pas”, stelle ich gleich zu Anfang klar. Es ist ein fremdsprachliches Trauerspiel, allerdings auf beiden Seiten! Trotzdem, statt rien ne vas plus, geht dennoch so einiges. Zum Beispiel im Notfall, da kann ich plötzlich wieder etwas français parlieren. Wir wollen nämlich feiern, mit Wein und so sage ich: “Je voudrais acheter le vin. Ou est vin?”

 

Wir sind in Quebec, der größten Provinz Kanadas und auf einmal ist alles irgendwie anders, und nicht nur die Sprache.

 

 

Überall ist die weiß-blaue Fahne gehisst. Es ist das Nationalfeiertagswochenende von Quebec und so ein bisschen sieht man sich hier auch als Nation. Das letzte Votum zur Unabhängigkeitsfrage Quebecs hat 1995 mit 93, 52 % Wahlbeteiligung stattgefunden: 49, 42 % waren für die Unabhängigkeit und 50, 58 % dagegen. Für die Quebecer heißt die Hauptstadt Kanada’s auch nicht Ottawa, sondern Gatineau. Für uns ist immer gut, was anders ist und wir haben schließlich schon so viel von Anglo-Canada gesehen und erlebt. Nicht besonders anders in Quebec ist allerdings, dass es auch hier viele Italiener gibt. Antonio kommt es gelegen, dass die zweitgrößte Bevölkerungsgruppe nach den Iren, die Italiani sind und so erscheint amore mio mit unserem Tourprojekt nicht nur auf der Titelseite des Corriere Italiano di Montreal, sondern die Story erscheint gleich noch in einer weiteren Italo-Zeitung und es gehen zwei Radiointerviews von Antonio on air.  Viva Italia! Ich widerum find’s super, dass es ab Ottawa Baguette bei Walmart zu kaufen gibt und Vino nicht mehr in speziellen Shops outgesourced ist. Für das Mehr an savoir-vivere nehme ich dann auch gerne das weniger savoir der englischen Sprache in Kauf, wobei ich es schon erstaunlich finde, dass eine Anfang Zwanzigjährige kaum ein Wort, der immerhin zweiten offiziellen Sprache ihrer Heimatregion, über die Lippen bekommt.

Antonio geht es hier in Quebec als Radfahrer deutlich besser. Auf dem Highway fahren ist nicht erlaubt und so radelt er auf den Landstraßen dahin, ohne permanent von einem Giganto-Tonner überholt zu werden. Schilder am Straßenrand fordern die Autofahrer zur Rücksichtnahme gegenüber den Zweirädern auf und auch unsere cyclist-maniac Freunde hatten uns schon auf optimale Bike-Bedingungen vorbereitet. Insgesamt sind auf den Straßen viele Fahrradfahrer unterwegs, auch die schwer Bepackten, die ganz harten Cross-Country-Bike&Zeltschläfer. Vom Fahrradfahrer bis zum Womo-Girl, alle kommen wir an den endlos vielen Stopp-Schildern, die in français ARRET heißen, zum Stehen und die Regel hier besagt, dass der fährt, der zu erst am Stopp-Schild angekommen ist… Für mich, dass nicht marche pas, denn ich find’s eher gefährlich und unübersichtlich und diese ARRET Schilder sind hier wirklich überall.

 

Ich genieße die neue Landschaft die sich uns bietet. Wir fahren immer entlang des Sankt-Lorenz-Stroms. Die Landschaft ist herrlich. Links der breite Strom und rechts grüne Felder und Wiesen, in der Ferne ziehen sich sanfte Hügel entlang. Die Kirchen, Häuser und Gärten sind wesentlich pittoresker als die in anderen Teilen Kanadas. Hier wird mehr Wert auf Verzierung, Blumen und Fassadenfarben gelegt, ganz nach meinem bunt-schnörkeligen Geschmack. Ungleich zum Rest Kanadas, flattert hier die Wäsche draußen auf der Leine im Wind und ich denke mir versonnen: vive la France & oh, Canada!

 

 

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