Tief gestartet, hoch geflogen

Der Wind pustet über die Weiten und rüttelt an unserem mobilen Zuhause. Wir haben im Nirgendwo, in Tompkins, geparkt. 500 Meter weit fahren die Canadian-Pacific Züge durch, ich kann sie durch mein “Schlafzimmerfenster” sehen. Das Dorf besteht aus kleinen, etwas windschiefen Holzhäusern. Keine Menschenseele ist auf der Straße, als Antonio und ich durch den Ort joggen. Die Umgebung wirkt trostlos. In der Landschaft wächst kaum ein Baum, die Ebene ist in dieser Jahreszeit mit vertrocknetem Gras bewachsen oder von Stopelfeldern des vergangenen Sommers bedeckt.

 

 

Wir müssen weiter. Die Straßen sind so endlos gerade, dass der Horizont flimmert. An uns vorbei fliegen riesige Getreidesilos, Fellrinder, Tiefpumpen zur Erdölförderung und sonst nicht viel. Auch in Alberta geht es erstmal so weiter. Bis wir Calgary erreichen.

 

 

Calgary ist das Tor zu den Rocky Mountains. Die meisten Touristen kommen direkt hier her, mieten sich ein Womo und starten ins bergige Abenteuer. Wir erreichen die Stadt am Sontagnachmittag und auf der Gegenfahrbahn kommen uns die Wochenendausflügler mit ihren Kanus, Kajaks und der Skiausrüstung auf den Dächern entgegen. Irgendwie schwimmen wir immer gegen den Strom…

 

 

Hinter Calgary ändert sich die Landschaft langsam und am Horizont können wir schon die Rockies sehen. Wir sind wieder da, schon zum zweiten Mal darf ich dieses Naturwunder sehen. Diese majestätische Bergwelt. “Sieht aus wie in einer Bärendoku”, schreibt mir meine Schwester auf ein Foto, dass ich ihr schicke. Mit konzentriertem Blick schaue ich aus dem Autofenster und plötzlich ist es wirklich wie in einer Bärendoku. Ein Braunbär, ein riesiger Oschi! Direkt an der Straße hinter dem Wildzaun!

 

 

Das Joggen spare ich mir daraufhin am Abend. Stattdessen halten wir am Lake Louise und machen Fotos. Doch wo ist der See?! Eis und Schnee haben den See der Landschaft angeglichen und verstecken ihn. Einige Leute haben sich auf das Eis gewagt. Ich mache lieber vom Ufer aus Fotos und wundere mich über die Schneemassen und die Chinesin, die neben mir via Skype mit ihrem Hund telefoniert – ein kleiner weißer Kläffer, dem Frauchen seltsame Laute des Entzückens vom Lake Louise schickt. Verrückte Welt!

 

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