Boxenstopp im Ice Shop

Meine Augen werden schwer und vor mir flimmert der Horizont. Die ewig gleichen Lieder von der immer gleichen CD schallen mir entgegen und können mich gerade irgendwie nicht bei Laune halten. Eine Oase muss her. Gott sorgt für mich, darauf vertraue ich und immer zu recht. Diesmal in Form einer rosa Eisbude, die plötzlich mitten in der Prairie vor meinen müden Augen auftaucht.

 

 

Sofort schaltet mein Kopf von Trantüte auf Eistüte und ich fahre vom Highway ab. Noch mehr als das Eis interessiert mich eigenlich die Geschichte hinter dem rosa Häuschen. Auf mein Hello?! hin kommt Rose auf mich zubewegt. Sie ist rund und munter und hat viel zu erzählen.

 

Die Eisbude wurde von einer Frau vor ihr aufgebaut, die dann aber krank wurde und ihr Geschäft aufgeben musste. Rose war zu dieser Zeit selber schon lange krank gewesen. Bei einem Autounfall hat sie die rechte Seite ihrer Hüfte verloren und hat zwei Jahre im Rollstuhl gesessen. Sie ist wieder auf die Füße gekommen, doch als Pflegerin in ihrem alten Beruf zu arbeiten war unmöglich. Auf die Frage, warum sie dann die Eisbude übernommen hat, lehnt sie sich mit einem Arm auf das kleine Verkaufsfenster und sagt in ihrem Country Slang: “Something different, yeah.” Am besten gefällt ihr bei der Arbeit der Kontakt mit den Leuten und wenn sie jetzt nach der Saison nach über 20 Jahren aufhört, wird ihr der am meisten fehlen. Ich kann mir das gut vorstellen, denn während ich mein Eis schlecke, höre ich wie sie sich mit einem Bikerpaar unterhält und alle möglichen Horror-Einbruchsgeschichten aus der Region erzählt. Hat die eine Phantasie!

 

Die Saison geht von Mitte April bis Ende Oktober und die Eisbude läuft gut. Die Leute kommen immer wieder, sagt sie.  Das Eis ist allerdings nicht selbstgemacht, sondern wird wöchtenlich aus Calgary angeliefert. Wir sind hier halt nicht in bella Italia und danach schmeckt das Eis auch nicht. Da man hier aber Atmosphäre und Charme mitisst, schmeckt es gleich doppelt so gut. Nach der Eispause flutschen die restlichen Kilometer nur so dahin und ich bin froh, dass ich wieder eine so hoffnungsvolle und mutmachende Geschichte aufschreiben konnte. Rose und ihre rosa Eisbude sind ein zauberhaftes Beispiel dafür, dass alles immer möglich ist. Rose saß einige Jahre demoliert zu Hause, ohne Job und im Rollstuhl und hat sich nicht nur wieder zurück auf die Füße gekämpft, sondern als sich ihr die Gelegenheit bot, die Chance ergriffen, Mut bewiesen und sich in ein rosa-eisiges Abenteuer gewagt. Was denn die Nächste, die diese Eisbude weiterführen wird, für Qualitäten mitbringen muss, will ich wissen: “A strong personality, that’s all!”

 

 

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